
Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches vorgelegt. Darin sind einige Änderungen des Sexualstrafrechts vorgesehen.
Unter anderem soll
- die Altersgrenze in der verjährungsrechtlichen Ruhensregelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB auf das 30. Lebensjahr des Opfers angehoben werden,
- die Vorschrift des § 174 StGB erweitert werden, um dem strukturellen Macht- und Autoritätsgefälle in Institutionen besser gerecht zu werden,
- eine ausdrückliche Regelung in §§ 184b, 184c StGB-E eingefügt werden, wonach auch Schriften, die die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes oder Jugendlichen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zum Gegenstand haben, unter den Begriff der kinder- bzw. jugendpornografischen Schriften fallen.
Sukzessivadoption für Lebenspartner beschlossen
Der Bundestag hat am 22.05.2014 das Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner beschlossen.
Anforderungen an die Begründung einer Kindeswohlgefährdung
Eine latente Gefahrensituation im Haushalt der Mutter reicht für einen Eingriff nach § 1666 Abs. 1 BGB nicht aus. Vielmehr bedarf es einer nachhaltigen Kindeswohlgefährdung. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet, vor einer plötzlichen Herausnahme der Kinder aus ihrer gewohnten Umgebung sowie der Trennung von ihrer Mutter und der Unterbringung in einer Pflegefamilie deren Folgen ins Verhältnis zu den negativen Folgen eines weiteren Ver-bleibens der Kinder bei der Mutter zu setzen.
Bundesverfassungsgericht – Kammerentscheidung – vom 24.03.2014, 1 BvR 160/14
Unterbringung eines Kindes bei Verwandten statt Heimunterbringung
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Gerichte ohne weitergehende Sachverhaltsaufklärung angesichts besonderer Schwere und zeitlicher Nähe einer dem Kind drohenden Gefahr eine Trennung des Kindes von seinen Eltern veranlassen kann. Ist eine Verwandtenunterbringung zur Abwendung der Kindeswohlgefahr ebenso geeignet, genügt die Heimunterbringung nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie verstößt dann gegen das Grundrecht der Eltern aus Art. 6 Grundgesetz.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 07.04.2014 – 1 BvR 3121/13
Rechtliche Vorgaben für Standards einer Rufbereitschaft beim Jugendamt
Auf Anfrage des Jugendamts des Schwarzwald-Baar-Kreises hat das KVJS-Landesjugendamt eine gutachtliche Stellungnahme des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. eingeholt. In der Stellungnahme vom 25.03.2014 werden zusammenfassend folgende Aussagen getroffen:
- Bei jedem Jugendamt muss eine Rufbereitschaft außerhalb der Dienstzeiten organisiert werden. Formalrechtlich können auch andere Organisationseinheiten des Jugendamts (z.B. kommunale Erziehungsberatungsstelle) in die Rufbereitschaft eingebunden werden. Allerdings müssen diese fachlich in der Lage sein, eine Inobhutnahme zu übernehmen. Für eine gemeinsame Gefährdungseinschätzung ist die Polizei nicht geeignet.
- Es ist ausreichend, wenn in den Nachtstunden bei dringender Gefahr die Fachkraft den Minderjährigen in Obhut nimmt und die Risikoabschätzung am folgenden Tag oder, falls dies nach der ersten Einschätzung verantwortbar scheint, am folgenden Werktag vorgenommen wird. Das Erfordernis einer dauerhaften „Teambesetzung“ der Rufbereitschaft durch mehrere Fachkräfte besteht nicht.
- Die Vorgaben des SGB VIII ermöglichen keine interkommunale Zusammenarbeit, das heißt, es ist nicht zulässig ein anderes Jugendamt mit der Durchführung einer Rufbereitschaft zu beauftragen.
Herausgabe von Identitätsdaten eines Informanten bei begründetem Verdacht einer Straftat
Das Landgericht Augsburg hat entschieden, dass das Jugendamt Identitätsdaten eines Informanten auf richterlichen Beschluss jedenfalls dann herausgeben muss, wenn ein begründeter Verdacht einer Straftat des Informanten besteht. Der besondere Vertrauensschutz nach § 65 SGB VIII entfällt bei Informanten, die das Jugendamt bewusst mit falschen Angaben bedienen.
Der Informant hatte dem Jugendamt unter anderem mitgeteilt, dass die Geschädigte Alkoholikerin sei und ihr Kind vernachlässige. Diese Behauptungen haben sich als unwahr herausgestellt.
Landgericht Augsburg, Beschluss vom 24.02.2014, Az. 1 Qs 81/14
Abgrenzung zwischen Inobhutnahme und Ausübung des Aufenthaltsbestimmungs-rechts
Ohne familienrechtlichen Herausgabetitel kann das Jugendamt gegen den Willen einer Pflegefamilie die Herausgabe eines Pflegekinds allein im Wege der (hoheitlichen) Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII unter den dort normierten Voraussetzungen, insbesondere einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl, bewirken.
Pflegeeltern, die nicht Sorgerechtsinhaber sind, steht eine Klagebefugnis gegen die Inobhutnahme eines Pflegekindes durch das Jugendamt nicht zu.
VGH München, Beschluss vom 20.01.2014 – Az. 12 ZB 12.2766
Jugendschutzgesetz keine Anspruchsgrundlage für Schmerzensgeld
Ein Gastwirt muss sich nicht an Schmerzensgeldzahlungen für ein Vergewaltigungsopfer beteiligen, wenn dieser den jugendlichen Täter eingelassen und Alkohol ausgeschenkt hat. Das Jugendschutzgesetz bezweckt den Schutz vor alkoholbedingten körperlichen Schäden und vor Verwahrlosung. Es liegt aber nicht mehr im Schutzbereich der Normen, Jugendliche von der Begehung von Straftaten unter Alkoholeinfluss abzuhalten.
Landgericht Osnabrück, Urteil vom 15.05.2014 – Az. 902534/13 (noch nicht rechtskräftig)
Kein Schadensersatz für Adoptiveltern wegen fehlender Aufklärung über gesundheitliche Risiken der Adoptivkinder
Adoptiveltern haben keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzureichender Aufklärung durch das Jugendamt über gesundheitliche Risiken bei Adoptivkindern, wenn sie nicht darlegen können, dass die Jugendamtsmitarbeiter von dem Alkoholproblem der Mutter etwas wussten und dies verschwiegen haben.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.05.2014
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