„Und plötzlich ist alles anders! – Auswirkungen und Impulse für die Heimerziehung in Zeiten von Corona“

Am 11. Dezember 2020 veranstaltete das KVJS-Landesjugendamt eine Online-Fachtagung unter diesem Motto. Die Online-Fachtagung setzte die Erfahrungen, Herausforderungen und Auswirkungen auf die bisherigen Entwicklungen in der Pandemie in den Fokus.

Dr. Jürgen Strohmaier (Referatsleiter im Referat 43 „Hilfe zur Erziehung“) und Gudrun Mittner (stellvertretende Referatsleiterin im Referat 43 „Hilfe zur Erziehung“) begrüßten die rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Fachtagung, die aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr als Online-Fachtagung angeboten wurde.

Neben Trägern, Leitungen und Fachkräften von (teil-)stationären Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung nahmen an diesem digitalen Fachtag auch interessierte Leitungen von Schüler- und Jugendwohnheimen sowie Leitungen und Fachkräfte der Jugendämter in Baden-Württemberg teil.

Ebenfalls stellte sich Gerald Häcker, der neue Dezernent des KVJS-Landesjugendamtes vor. Er folgt damit auf Reinhold Grüner, der Ende Juli in Ruhestand getreten war. Sein neues Amt als Dezernatsleiter des Landesjugendamtes trat er am 01. Dezember offiziell an.  Er begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Online-Fachtagung und sprach im Anschluss seinen Dank aus. „Mein Dank richtet sich an Sie, die Sie heute an dieser Online-Fachtagung teilnehmen aber auch an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendhilfe, die in diesen schwierigen letzten Monaten mit Engagement und viel Einsatz eine sehr gute Arbeit geleistet haben.“

Im ersten Abschnitt der Online-Fachtagung stellte Dr. Jürgen Strohmaier aktuelle Zahlen zur Heimerziehung in Baden-Württemberg und analysierte die Auswirkungen auf die Kinder- und Jugendhilfe unter Pandemiebedingungen. Ein wichtiges Anliegen war es ihm, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern umfassende Informationen zur aktuellen Lage zu liefern. Die FAQ-Eckpunktepapiere zum Umgang mit Corona-Infektionen in (teil-)stationären Einrichtungen und für ambulante Erziehungshilfen, die in Abstimmung mit dem Ministerium für Soziales und Integration erstellt werden, waren ein Thema, auf das näher eingegangen wurde.

Nach der Einführung begrüßten die Vertreterinnen der Verbände der freien und privaten Jugendhilfe in Baden-Württemberg Uta Hohberg (VPK B-W), Henrike Litzler (Diakonie Baden) und Monika Memmel (Diakonie Württemberg) die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Online-Fachtagung. Julia Zeilinger (Caritasverband Diözese Rottenburg-Stuttgart) und Stefanie Krauter (Caritasverband Diözese Freiburg) legten anschließend die Sicht der Verbandsseite dar. „Jugendhilfe im Krisenmodus – Spagat zwischen konkreten Handlungsanforderungen und Politik“, so lautete der Titel des Vortrags. Mit einem Blick auf die Praxis vor Ort und anschließend einem Blick in die Geschäftsstellen der Verbände startete der Vortrag. Anschließend zeigten sie den Prozess und die Prioritäten in der sozialpolitischen Lobbyarbeit auf.

Nach einer virtuellen Pause thematisierte Prof. Dr. Werner Freigang von der Hochschule Neubrandenburg, „Wie sehr Heimerziehung unterschätzt wird. Die Bedeutung guter Erziehungshilfen auch für die Zukunft der Gesellschaft“. Der Autor und Hochschullehrer blickte aus wissenschaftlicher Perspektive auf das Thema Corona. „Heimerziehung wird in ihrer Bedeutung unterschätzt, besonders in dieser Pandemie.“ Mit diesen Worten eröffnete Prof. Dr. Werner Freigang den Vortrag und beleuchtete zuerst die Erziehungshilfe als (selbst)kritisches Praxisfeld und im Anschluss die Bedeutung des Begriffs „Systemrelevanz“ in der Pandemie. Im Anschluss an den Vortrag konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Fragen stellen und mit dem Referenten in den Diskurs treten.

„Aber morgen da geh ich nach Hause …!“ Dieses Zitat hat Roland Berner (Vorstandsvorsitzender, Linzgau Kinder- und Jugendhilfe e.V.) als Titel seines Vortrages am Nachmittag gewählt. Es handelt sich bei diesem Zitat um die freudige Äußerung eines Kindes am Vortag des ersten Heimfahrwochenendes (nach einigen Wochen in der Wohngruppe). Roland Berner gewährte einen Einblick in das „Linzgau“ – seine sozialpädagogische Facheinrichtung im Linzgau am Bodensee. „Seit der Corona-Pandemie haben die Ereignisse im ,Linzgau‘ eine immense Dynamik entwickelt und wir konnten überhaupt nicht absehen, wie sehr sich der Alltag in den letzten Tagen, Wochen bzw. Monaten verändern würde. Und es ist auch weiterhin nicht absehbar, wie sich die ,Lage‘ in Deutschland weiter entwickeln wird.“ Roland Berner berichtete über die Erfahrungen, aus den Blickwinkeln „Kinder- und Jugendliche“, „Mitarbeitende“, „Schule“, „Elternarbeit“ und „Teilhabe“.

Nach einem Austauschblock referierte Beate Kreisle (Geschäftsführerin, Jugend-Kolleg am See) zum Thema „Corona spürt auf“. Sie gab einen Einblick in das Jugend-Kolleg am See, die als erste Einrichtung der Jugendhilfe in Deutschland nach dem Ansatz des Peer-Group Counselings (PPC) nach Vorrath und Brendtro arbeitet. Anschließend berichtete sie von ihren Eindrücken während des ersten Lockdowns in den Wohngruppen. „Wir haben mit den Jugendlichen viel diskutiert in dieser Zeit, Brettspiele gekauft. Die Atmosphäre in der Gruppe ist gut und die Jugendlichen haben ein Bewusstsein, dass wir alle in der gleichen Situation stecken.“

Nach einem weiteren virtuellen Austausch im Plenum gab Dr. Jürgen Strohmaier einen Ausblick. „Auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im KVJS-Landesjugendamt ist es eine außergewöhnliche Situation, nicht mehr wie gewohnt raus gehen zu können, um persönlich mit den Einrichtungen und den Jugendämtern in Kontakt zu treten.“ Wichtige Informationen und Veröffentlichungen können Sie über unseren eingerichteten Blog einsehen. Nutzen Sie dieses Angebot.“