Säuglinge und Kleinkinder in Angeboten der stationären Erziehungshilfe

In den letzten Jahren ist eine deutliche Zunahme von Inobhutnahmen und Heimunterbringungen von Kindern im Alter von null bis sechs Jahren zu verzeichnen. Die Online-Jahrestagung, an der rund 140 Träger, Leiterinnen und Leiter von Einrichtungen und sonstigen betreuten Wohnformen der Hilfe zur Erziehung in Baden-Württemberg teilnahmen, befasste sich mit den Anforderungen an die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen sowie den Erfordernissen für eine bedarfsgerechte Betreuung von Kleinkindern in diesen Hilfeformen.

Zu Beginn der Tagung präsentierte Dr. Jürgen Strohmaier aktuelle Zahlen in Baden-Württemberg unter anderem in Bezug auf genehmigte (teil-)stationäre HzE-Plätze und § 19 SGB VIII, die Entwicklung der betriebserlaubten Plätze nach Betreuungsformen und Plätze in reinen UMA-Angeboten sowie die Entwicklung des Betriebserlaubnisverfahrens. Zentraler Bestandteil des Vortrags behandelte die Daseinsvorsorge speziell in Bezug auf die Heimerziehung in Baden-Württemberg.

Prof. Dr. med. Alexander Trost, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie Facharzt für Psychosomatische Medizin, Aachen, referierte zu dem Thema „Bindungswissen für die Jugendhilfe in den ersten Lebensjahren“. „Was ist Bindung? Was erklärt die Bindungstheorie? Welche Aufgabe hat die Stationäre Jugendhilfe?“ Diese und andere Aspekte zur Thematik beleuchtete er aus wissenschaftlicher Sicht und zeigte die Möglichkeiten der Förderung der Bindungsentwicklung auf.

Im Anschluss an diesen Vortrag präsentierte Prof. Dr. Klaus Wolf von der Universität Siegen das Thema „Sehr junge Kinder in stationären Einrichtungen: Wir wissen was nötig wäre, aber wie können wir es realisieren?“ Auch vor dem Hintergrund von Forschungsergebnissen und Modellprojekten zum Thema Beziehungswechsel verdeutlichte Prof. Dr. Klaus Wolf: „Wenn sich Betreuungspersonen verabschieden entsteht ein harter Schnitt. Das Ergebnis: In den Übergängen bei der Betreuung von vertrauten Personen zu fremden Personen verbunden mit dem Abschiedsprozess entsteht eine zusätzliche Belastung für die Kinder. In der stationären Erziehungshilfe, bei der Betreuung der unter 6-Jährigen, sollten die Kinder, wenn möglich, nicht in sogenannten „Schichtdienstgruppen“ untergebracht werden. Die Zusammenarbeit mit den Eltern als Bindungs- und Betreuungspersonen sollte regelmäßig stattfinden.“

Nach einer virtuellen Pause berichtete Gerald Häcker, Dezernent KVJS-Landesjugendamt, über Aktuelles aus dem KVJS-Landesjugendamt. Fachkräftemangel und Ombudschaft waren die ersten beiden großen Themenbereiche. „Seit dem 01. März 2021 ist Dr. Sonja Kuhn Landesombudsbeauftragte. Ombudschaft richtet sich an öffentliche und freie Träger und bezieht sich auf die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe.“ Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe, das Forschungsvorhaben „Frühe Hilfen und Psychiatrie Hand in Hand“ sowie der Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen in Kindertageseinrichtungen waren weitere Themen.

Die nächste Jahrestagung der Träger und Leitungen von Einrichtungen der Hilfe zur Erziehung findet vom 16. bis 17. März 2022 statt.

Tagungsunterlagen

Säuglinge und Kleinkinder in Angeboten der stationären Erziehungshilfe

Aspekte zum Vortrag Kinderarmut bei der Heimleitertagung
Dr. Jürgen Strohmaier, KVJS-Landesjugendamt

Bindungswissen für die Jugendhilfe in den ersten Lebensjahren
Prof. Dr. med. Alexander Trost, FA f. Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, FA f. Psychosomatische Medizin, Aachen

Sehr junge Kinder in stationären Einrichtungen: Wir wissen was nötig wäre, aber wie können wir es realisieren? (Vortrag wird nachgereicht)
Univ.-Prof. Dr. Klaus Wolf, Universität Siegen

Aktuelles aus dem KVJS-Landesjugendamt
Gerald Häcker, Dezernatsleitung, KVJS-Landesjugendamt