Nettoaufwendungen in der Hilfe zur Pflege

Der Nettoaufwand für Leistungen an vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Hilfe zur Pflege belief sich im Jahr 2022 auf 420,5 Millionen Euro. Im Jahr 2021 waren es noch 604,9 Millionen. Dies entspricht einer Abnahme von 30,4 Prozent.

Dieser Rückgang wird auf die Auswirkungen des am 01.01.2022 eingeführten Zuschusses zum pflegebedingten Aufwand zurückzuführen sein. Die kostensenkende Wirkung des Zuschusses wird sich in Zukunft voraussichtlich durch weiterhin steigende Kosten in der Pflege, dem Tariftreuegesetz (seit 01.09.2022 in Kraft) und dem Personalbemessungsverfahren (Umsetzung seit 01.07.2023) weitestgehend wieder auflösen.

Von 2011 bis 2019 nahm der Gesamtnettoaufwand für die Hilfe zur Pflege moderat zu. Seit 2019 zeigte sich eine deutliche Steigerung, gefolgt von einer Abnahme im Jahr 2022. Der Nettoaufwand pro Einwohner stieg von 34,5 Euro pro Einwohner im Jahr 2011 auf 37,8 Euro pro Einwohner im Jahr 2022.

Der Gesamtaufwand für Leistungen an Empfänger von vollstationärer Hilfe zur Pflege setzt sich zusammen aus den Leistungen für die Hilfe zur Pflege, eventuell ergänzend zu gewährenden Leistungen der Grundsicherung und der Hilfe zum Lebensunterhalt. Da es in den letzten Jahren zu Änderungen in der Verbuchung der einzelnen Leistungen kam, wird seit 2016 nur noch der Aufwand für die Hilfe zur Pflege erhoben und dargestellt.

Der Nettoaufwand für die vollstationäre Hilfe zur Pflege in Baden-Württemberg stieg von 2005 bis 2019 kontinuierlich an. Von 2019 auf 2021 erfolgte zusätzlich eine um überdurchschnittlich starke Zunahme (+36 Prozent). Im Folgejahr sank der Nettoaufwand für die vollstationäre Hilfe zur Pflege in Baden-Württemberg um 35 Prozent, auf das Niveau von 2017. Dieser Rückgang ist insbesondere auf den zum 01.01.2022 eingeführten Zuschuss zum pflegebedingten Aufwand zurückzuführen.[1] In allen Stadt- und Landkreisen in Baden-Württemberg lassen sich zum Teil deutliche Abnahmen erkennen.

Die Gründe für den deutlichen Anstieg des Nettoaufwandes zwischen 2019 und 2021 sind vielfältig:

  • das Inkrafttreten des Angehörigenentlastungsgesetzes zum 01.01.2020, wodurch ein Großteil der Einnahmen bei der Hilfe zur Pflege entfallen sind
  • die Neuzuordnung von Fällen im Rahmen der Schnittstelle Eingliederungshilfe – Pflege, die zu einem Anstieg der Fallzahlen der unter 65-jährigen Leistungsempfänger mit keinen oder nur geringen Rentenansprüchen führte
  • die demografische Entwicklung und die dadurch bedingte Zunahme hochaltriger Menschen
  • die allgemeinen Kostensteigerungen in der Pflege
  • die Umlage der Um- und Neubaumaßnahmen im Rahmen der Landesheimbau-Verordnung auf die Pflegesätze.

Der deutliche Rückgang des Aufwands für die vollstationäre Hilfe zur Pflege im Jahr 2022 wird in den kommenden Jahren voraussichtlich schwächer ausfallen. Durch den weiteren stetigen Anstieg der Pflegekosten wird sich die kostendämpfende Wirkung des Zuschusses zum pflegebedingten Aufwand langfristig wieder aufheben.

Der Aufwand für die Hilfe zur Pflege wird in den kommenden Jahren voraussichtlich wieder zunehmen. Dafür sprechen neben den oben beschriebenen Gründen:

  • Das Tariftreuegesetz, das zum 01.09.2022 in Kraft getreten ist und nach dem Pflegeeinrichtungen verpflichtet werden, das Pflege- und Betreuungspersonal entweder nach regional anwendbarem Tarifvertrag oder in Höhe des regional üblichen Entgeltniveaus zu entlohnen. Dies kann in einzelnen Einrichtungen zu erheblichen Kostensteigerungen führen. Die Auswirkungen auf die Hilfe zur Pflege hängen dabei stark von der Tarifdichte im jeweiligen Stadt- bzw. Landkreis ab. Umso höher die Tarifdichte, desto geringer fallen die zusätzlichen Mehrausgaben aus.
  • Das Personalbemessungsverfahren, das ab 01.07.2023 umgesetzt wird, kann für Pflegeheimbewohner weitere finanzielle Belastungen nach sich ziehen.

 

[1] § 43c des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) führte mit in Krafttreten zum 01.01.2022 eine Begrenzung des Eigenanteils an den pflegebedingten Aufwendungen ein. Demnach erfolgte ein Leistungszuschlag des zu zahlenden Eigenanteils an den pflegebedingten Aufwendungen, gestaffelt nach Verweildauer des Pflegebedürftigen in der Pflegeeinrichtung. Bis einschließlich 12 Monate Verweildauer erfolgt ein Leistungszuschlag von 5 %, bei mehr als 12 Monaten ein Zuschlag von 25 %, ein Zuschlag von 45 % bei einer Verweildauer von mehr als 24 Monaten und ein Zuschlag von 70 % bei einer Verweildauer von mehr als 36 Monaten.

Durchschnittlich wurden im Jahr 2022 in Baden-Württemberg 30,6 Euro pro Einwohner für die Hilfe zur Pflege ausgegeben. Im Vergleich zum Vorjahr ging der Aufwand pro Einwohner um 16,7 Euro zurück. In den Jahren davor war ein stetiger Anstieg zu verzeichnen.

In den Stadtkreisen liegt der durchschnittliche Nettoaufwand mit 40,2 Euro pro Einwohner deutlich höher als in den Landkreisen mit 28,4 Euro pro Einwohner. Den höchsten Aufwand pro Einwohner verzeichneten dabei die Städte Freiburg und Baden-Baden mit 48 und 47,7 Euro, gefolgt von der Stadt Pforzheim mit 46 Euro und der Stadt Mannheim mit 45,4 Euro.

Der durchschnittliche Wert für die Landkreise reicht von 15,3 Euro pro Einwohner im Alb-Donau Kreis bis zu 41,6 Euro pro Einwohner im Landkreis Lörrach.

 

 

Die durchschnittlichen Fallkosten werden bestimmt, indem der Jahres-Nettoaufwand zur Gesamtzahl der Leistungsempfänger am Stichtag 31.12. in Beziehung gesetzt wird. Es handelt sich hierbei nicht um „echte“ Fallkosten. Mit der errechneten Kennziffer können aber Unterschiede in den Fallkosten aufgezeigt werden.

Die durchschnittlichen Fallkosten betrugen im Jahr 2022 12.303 Euro pro Leistungsempfänger. In den Stadtkreisen überstiegen die Kosten mit 12.502 Euro pro Leistungsempfänger die durchschnittlichen Kosten in den Landkreisen mit 12.240 Euro.

Im Hinblick auf die durchschnittlichen Fallkosten zeigt sich innerhalb der Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg eine große Varianz. Die geringsten durchschnittlichen Fallkosten mit 8.800 Euro wies der Landkreis Biberach auf, gefolgt vom Hohenlohekreis mit 9.967 Euro pro Leistungsempfänger und dem Alb-Donau-Kreis mit 10.017 Euro pro Leistungsempfänger.

Die höchsten durchschnittlichen Fallkosten wiesen der Landkreis Baden-Baden mit 15.043 Euro pro Leistungsempfänger, der Landkreis Ravensburg mit 14.794 Euro pro Leistungsempfänger und der Kreis Breisgau-Hochschwarzwald mit 14.456 Euro pro Leistungsempfänger auf.

 

Der Nettoaufwand für ambulante und teilstationäre Leistungen in der Hilfe zur Pflege nahm zwischen 2011 und 2019 zu. Seit 2019 sind leichte Abnahmen zu verzeichnen. Im Jahr 2022 betrug der Nettoaufwand für ambulante und teilstationäre Leistungen in der Hilfe zur Pflege 79,8 Millionen. Der Nettoaufwand pro Einwohner hat von 5,7 im Jahr 2011 auf 7,2 Euro pro Einwohner im Jahr 2022 zugenommen.