Besonderer Kündigungsschutz
Wenn der Kündigungsgrund mit der Schwerbehinderung zusammenhängt, ist der „besondere Kündigungsschutz“ zu beachten – wir beraten und unterstützen Sie.
Schwerbehinderte Menschen sind vor einer arbeitgeberseitigen Kündigung besonders geschützt.
Das bedeutet, dass Sie als Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes benötigen. Von dieser Regelung gibt es allerdings Ausnahmen. In den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses besteht zum Beispiel noch kein Sonderkündigungsschutz.
Weitere Informationen zum Kündigungsschutzverfahren finden Sie in unserem Merkblatt.
Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informieren Sie gerne darüber.
Wir beraten Sie als Arbeitgeber und den schwerbehinderten Menschen - bei Bedarf unterstützt durch den Technischen Beratungsdienst oder den Integrationsfachdienst - wie der Arbeitsplatz gegebenenfalls mithilfe der Leistungen der Begleitenden Hilfe erhalten werden kann.
Kommen Sie bei Schwierigkeiten am Arbeitsplatz frühzeitig auf uns zu.
Wir werden gemeinsam mit Ihnen, dem schwerbehinderten Menschen, dem Betriebs- oder Personalrat und der Schwerbehindertenvertretung eine Lösung suchen.
FAQ zum Kündigungsschutz
Der Antrag auf Zustimmung zur Kündigung ist notwendig, wenn
- der Arbeitnehmer als schwerbehinderter Mensch anerkannt (Grad der Behinderung mind. 50) bzw. einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt (Grad der Behinderung 30 oder 40 und Gleichstellung durch die Agentur für Arbeit) ist,
- der Arbeitnehmer einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft bzw. einen Neufeststellungsantrag gestellt hat und die Kündigung nicht innerhalb der ersten drei Wochen nach Antragstellung ausgesprochen wird,
- der Arbeitnehmer einen Antrag auf Gleichstellung gestellt hat und die Kündigung nicht innerhalb der ersten drei Wochen nach Antragstellung ausgesprochen wird,
- die Entscheidung des Versorgungsamtes auf Feststellung bzw. der Agentur für Arbeit auf Gleichstellung noch nicht bestandskräftig ist (weil z. B. Widerspruch oder Klage gegen die Entscheidung erhoben wurde).
Der besondere Kündigungsschutz besteht unabhängig vom Umfang der Beschäftigung, Alter des Beschäftigten oder der Betriebsgröße.
Bei folgenden Arten von Kündigungen durch den Arbeitgeber ist ein Antrag auf Zustimmung zu stellen:
- ordentliche Kündigung (§ 168 SGB IX)
- außerordentliche Kündigung (nur aus wichtigem Grund, § 174 SGB IX)
- Änderungskündigung (§ 172 Absatz 2 SGB IX)
- Beendigung des Arbeitsverhältnisses (erweiterter Beendigungsschutz, § 175 SGB IX)
Es können folgende Gründe für eine Kündigung vorliegen:
- betriebsbedingt
- personenbedingt (u. a. krankheitsbedingt)
- verhaltensbedingt
Keine Zustimmung des Integrationsamtes ist erforderlich, wenn
- der Arbeitnehmer von sich aus kündigt,
- Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag/Änderungsvertrag schließen,
- ein befristetes Arbeitsverhältnis durch Ablauf der Beschäftigungszeit (Befristung) endet,
- eine Ausnahme nach § 173 SGB IX vorliegt:
- wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate besteht (Aber: sollte die Ausübung der Tätigkeit wegen der Behinderung nicht mehr möglich sein, müssen Unternehmen zunächst prüfen, ob eine anderweitige Beschäftigung möglich ist) ,
- bei Beschäftigten, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und Ansprüche auf Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistungen haben,
- bei witterungsbedingter Kündigung (zum Beispiel bei kurzweiligem Aussetzen der Arbeit bei Schlechtwetter auf der Baustelle), wenn die Wiedereinstellung gewährleistet ist.
Nein – das Integrationsamt ist neutral im Verfahren und muss die Interessen beider Seiten gegeneinander berücksichtigen und abwägen.
Nein, hier ist die Zustimmung nicht erforderlich. Dies gilt auch, wenn der schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Beschäftigte selbst kündigt. Hier gilt zu beachten, dass bei Eigenkündigung eines Arbeitsverhältnisses eine Sperrfrist bei der Agentur für Arbeit für den Bezug von Arbeitslosengeld folgen kann. Es empfiehlt sich in diesem Fall, vorab Kontakt mit der Agentur für Arbeit aufzunehmen.
Ja, der besondere Kündigungsschutz gilt bei allen Kündigungsarten. Auch die Kündigungsgründe (verhaltensbedingte, betriebsbedingte, personenbedingte Kündigung) haben hierauf keinen Einfluss.
Ordentliche Kündigung
Hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung gestellt, soll das Integrationsamt innerhalb eines Monats eine Entscheidung treffen. Wenn das Integrationsamt die Zustimmung wirksam erteilt hat, kann der Arbeitgeber die Kündigung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids erklären.

© REHADAT
Der Arbeitgeber muss innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des Grundes für die außerordentliche Kündigung den Antrag beim Integrationsamt stellen. Das Integrationsamt muss die Entscheidung über den Antrag des Arbeitgebers innerhalb von zwei Wochen ab dem Tage des Antragseinganges treffen. Wird innerhalb dieser Frist keine Entscheidung getroffen, gilt die Zustimmung als erteilt (Zustimmungsfiktion).
Wurde die Zustimmung erteilt bzw. die Zustimmungsfiktion eingetreten, muss der Arbeitgeber unverzüglich die außerordentliche Kündigung gegenüber dem Beschäftigten aussprechen.

© REHADAT
Wenn Arbeitgeber Beschäftigten kündigen wollen, ihnen jedoch gleichzeitig eine Weiterbeschäftigung zu anderen Bedingungen anbieten, liegt eine Änderungskündigung vor.
Eine Änderungskündigung ist nicht erforderlich, wenn es sich um Änderungen einzelner Arbeitsbedingungen innerhalb des Direktionsrechts des Arbeitgebers handelt.
Werden die neuen Arbeitsbedingungen mit dem Beschäftigten einvernehmlich (im Rahmen eines Änderungsvertrages) vereinbart, ist eine Zustimmung des Integrationsamts nicht erforderlich. Werden die neuen Arbeitsbedingungen nicht einvernehmlich mit dem Beschäftigten vereinbart, muss der Arbeitgeber eine ordentliche (Änderungs-)Kündigung aussprechen, die ebenfalls der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedarf.
Laut Gesetz soll das Integrationsamt eine Zustimmung erteilen, wenn dem schwerbehinderten Menschen ein angemessener und zumutbarer Arbeitsplatz gesichert ist. Um dies zu prüfen, muss das Integrationsamt genau ermitteln, wie der angebotene Arbeitsplatz geschaffen ist und welche Veränderungen er beinhaltet.
Der Arbeitgeber stellt einen schriftlichen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung beim zuständigen Integrationsamt. Zuständig sind die Integrationsämter in Baden-Württemberg sind Karlsruhe Stuttgart und Freiburg, wenn der Betriebssitz in Baden-Württemberg ist bzw. der Beschäftigte in einem Betriebsteil in Baden-Württemberg, der als selbstständig im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (§§ 1 und 4 BetrVG) gilt, beschäftigt wird. Sollte nach Antragstellung festgestellt werden, dass ein anderes Integrationsamt zuständig ist, leitet das angegangene Integrationsamt den Antrag weiter.
Das Integrationsamt hört den schwerbehinderten Menschen an und holt Stellungnahmen des Betriebs- oder Personalrats sowie der Schwerbehindertenvertretung (soweit vorhanden) ein. Da das Integrationsamt den schwerbehinderten Menschen vor einer Kündigung wegen seiner Schwerbehinderung schützen soll, muss der Arbeitgeber den Antrag ausführlich begründen.
Da das Integrationsamt in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinwirken soll, können mündliche Verhandlungen meist in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers durchgeführt werden. Kommt eine gütliche Einigung nicht zustande, trifft das Integrationsamt seine Entscheidung unter Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und des Beschäftigten.
Der Arbeitgeber kann die Kündigung erst aussprechen, wenn die Zustimmung des Integrationsamtes erteilt und der Bescheid zugestellt wurde (Ausnahme: außerordentliche Kündigung). Den Bescheid erhalten sowohl der Arbeitgeber als auch der Beschäftigte.
Gegen die Entscheidung des Integrationsamtes kann sowohl vom Arbeitgeber als auch vom schwerbehinderten Arbeitnehmer Widerspruch beim Integrationsamt eingelegt werden.
Eine arbeitgeberseitige Kündigung ohne die vorherige Zustimmung des Integrationsamts ist grundsätzlich nur dann unwirksam, wenn der Beschäftigte innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung der Nichtigkeit der Kündigung wegen fehlender vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes erhebt. Wird dies nicht gemacht, ist die Kündigung trotz Formmangel nicht unwirksam!
Es kann keine Zustimmung zu einer bereits ausgesprochenen Kündigung beantragt werden.
Der Beschäftigte kann durch eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht rechtlich gegen die Kündigung vorgehen.
Ja, anders als der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, der nur gilt, wenn in dem Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind, muss der Arbeitgeber auch dann die Zustimmung zur Kündigung beantragen, wenn es sich um einen Kleinbetrieb handelt. Auch der Kleinbetrieb muss seinen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung begründen und ggf. mit Nachweisen belegen.
Der Kündigungsschutz nach dem SGB IX besteht auch in den Fällen, in denen der Arbeitgeber nichts von einer bestehenden Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung weiß.
Spricht der Arbeitgeber ohne Kenntnis der Schwerbehinderung und ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamts die Kündigung aus, muss der Beschäftigte seinen Sonderkündigungsschutz aktiv geltend machen (innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht). Ansonsten wird die Kündigung wirksam.
Das Integrationsamt entscheidet in der Regel nach Ermessen und prüft – neben weiteren Gesichtspunkten - insbesondere, ob die Gründe für die Kündigung einen Zusammenhang zur (Schwer-)Behinderung haben. Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen ist als Nachteilsausgleich zu verstehen. Es handelt sich um rechtliche Rahmenbedingen, um behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen. Daraus folgt, dass der Kündigungsschutz nach dem SGB IX bei betriebsbedingten oder verhaltensbedingten Kündigungsgründen regelmäßig eingeschränkt ist.
Das Integrationsamt ist nach § 20 SGB X aufgefordert, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Es bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen, um die Interessen zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten gegeneinander abzuwägen.
Bei personenbedingten Kündigungsgründen ist meist ein Zusammenhang zur Behinderung gegeben, welchen das Integrationsamt regelmäßig durch Anfrage bei den behandelnden Ärzten des Beschäftigten prüft. Falls es bei der Beurteilung des Sachverhaltes nötig ist, kann das Integrationsamt Fachdienste einschalten und deren Expertise heranziehen (zum Beispiel der Technische Beratungsdienst des Integrationsamtes oder der Integrationsfachdienst).
Berücksichtigt wird bei der Entscheidung auch, wie der Arbeitgeber die Beschäftigungspflicht erfüllt, die Schwere der Behinderung des Beschäftigten, das Alter, die Betriebszugehörigkeit und die generellen Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Geprüft wird auch, ob der Arbeitgeber Schritte unternommen hat, um die Kündigung zu vermeiden. Hier wird vermehrt darauf geachtet, ob präventive Maßnahmen durchgeführt wurden, wie insbesondere das Betriebliche Eingliederungsmanagement bzw. die betriebliche Prävention nach § 167 SGB IX.
Grundsätzlich können Arbeitgeber mit Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung schwerbehinderten bzw. gleichgestellten Menschen oder Gleichgestellten auch krankheitsbedingt kündigen. Allerdings ist stets zu prüfen, ob es ein „milderes Mittel“ zur Kündigung gibt. Dieses kann eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz sein wie auch Anpassungen des Arbeitsplatzes sein.
Eine Zustimmung erfolgt nur dann, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- erhebliche Fehlzeiten über mehrere Jahre oder eine Dauererkrankung (mindestens 6 Monate),
- erhebliche wirtschaftliche Belastungen durch die Arbeitsunfähigkeit,
- negative Prognose für die Zukunft (wird von den behandelnden Ärzten erfragt)
- oder wenn die Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann.
Arbeitgeber haben gegenüber ihren Beschäftigten eine besondere Fürsorgepflicht. Treten im Beschäftigungsverhältnis schwerbehinderter bzw. gleichgestellter Beschäftigten Schwierigkeiten auf, die den Arbeitsplatz gefährden, sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, die betriebliche Prävention durchzuführen (§ 167 Absatz 1 SGB IX). Bei der betrieblichen Prävention sollen gemeinsam mit der betrieblichen Interessenvertretung (Betriebs- oder Personalrat, Schwerbehindertenvertretung, sofern vorhanden) und dem Integrationsamt alle Möglichkeiten erörtert werden, mit denen die vorhandenen Schwierigkeiten beseitigt werden können. Ziel ist die möglichst dauerhafte Erhaltung des Arbeitsverhältnisses.
Unternehmen sind darüber hinaus verpflichtet, bei allen Beschäftigten, die länger als sechs Wochen innerhalb eines Jahres ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen.
Betriebliche Prävention und BEM sind keine zwingende Voraussetzung für eine Kündigung bzw. eine Zustimmung zur Kündigung. Die ordnungsgemäße Durchführung dieser Maßnahmen wird jedoch bei der Entscheidung des Integrationsamts berücksichtigt und auch von den Arbeitsgerichten im Rahmen derer Verfahren bewertet.
Während der Probezeit ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet, betriebliche Prävention durchzuführen.
Nach einer erfolgten Zustimmung des Integrationsamtes kann der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen.
Gegen die Kündigung kann der Beschäftigte innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen, wenn er nicht mit der Kündigung einverstanden ist. Das Integrationsamt darf hier keine arbeitsrechtliche Beratung/Rechtsberatung erteilen.
Gegen die Entscheidung des Integrationsamtes kann Widerspruch beim Integrationsamt eingelegt werden. Dies muss schriftlich innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des Bescheids erfolgen. Eine einfache E-Mail ist nicht ausreichend.
Gegen die Kündigung kann der Beschäftigte innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen, wenn er nicht mit der Kündigung einverstanden ist.
Dies gilt auch für den Fall, dass der Arbeitgeber eine Kündigung ohne Beteiligung des Integrationsamtes ausgesprochen hat. Das Integrationsamt darf hier keine arbeitsrechtliche Beratung/Rechtsberatung erteilen.
Nehmen Sie schnellstmöglich Kontakt mit der Agentur für Arbeit auf und melden Sie sich arbeitslos – sofern Sie keine Anschlussbeschäftigung haben.
Entweder haben Sie bereits Post von uns erhalten, dann finden Sie Ihren Ansprechpartner auf diesen Schreiben.
Finden Sie hier Ihren Ansprechpartner.


