Jahrestagungen Schulsozialarbeit 2023 vom 20. – 21. & 27. – 28.11.2023

Die Jahrestagung Schulsozialarbeit stand dieses Jahr ohne spezifisches Motto, um ein breitgefächertes Angebot von Vorträgen, Workshops, Foren und Austauschformaten zu verschiedenen aktuellen Themen zu bieten.

Nach drei Jahren Online-Formaten dankte Marion Steck, Leiterin Referat 44 - Jugendarbeit, Förderprogramme und Landesverteilstelle UMA des KVJS-Landesjugendamts Baden-Württemberg, zu Beginn für das zahlreiche Erscheinen der Teilnehmenden. Sie betonte, dass das gemeinsame Ziel der Schulsozialarbeit die Förderung aller junger Menschen an den Schulen im Sinne der Kinder- und Jugendhilfe sei. Die Jahrestagung fördere nicht nur den fachlichen Austausch, sondern sei auch ein wichtiger Ort für den kollegialen Dialog. „Gerade in Zeiten komplexer Herausforderungen ist kollektiv geteiltes Wissen sehr wertvoll", hob sie hervor.

Jan Leipold des Sozialministeriums berichtete, dass der Prozess zur Überarbeitung der Förderungsgrundsätze unter Beteiligung des KVJS, des Netzwerks Schulsozialarbeit und der örtlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe 2024 starten wird. Die Verortung in der Jugendsozialarbeit und das Festhalten an fachlichen Standards der Kinder- und Jugendhilfe stehen dabei im Fokus. Dabei soll der Umgang mit dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel sowie die sinnvolle Ressourcensteuerung berücksichtigt werden. Er machte deutlich: „Eins ist klar, KI wird in der Schulsozialarbeit keine Menschen ersetzen.“

Die Vorsitzende des Netzwerks Schulsozialarbeit Heike Witzemann dankte allen Mitwirkenden und betonte die Wichtigkeit der Jahrestagung als Ort des Austauschs und der Impulsgebung für die tägliche Arbeit. Sie ermutigte dazu, voneinander zu lernen und sich aktiv einzubringen. Angesichts der verkündeten Kürzungen im Sozialhaushalt auf Bundesebene machte sie auf die Notwendigkeit aufmerksam, die Bedeutung der Schulsozialarbeit flächendeckend bekannt zu machen. Sie appellierte an die Teilnehmenden, Entscheidungsträger anzusprechen und Mitglied im Netzwerk Schulsozialarbeit zu werden.

Uwe Straß unterstrich in seinem Beitrag die Bedeutung von Jahrestagungen als Treffpunkte und Ort der Selbstvergewisserung, besonders in krisenhaften Zeiten. Als Einführung initiierte er ein Duplo-Warm-up, um Begegnungen zwischen den Teilnehmenden zu fördern.

Prof. Dr. Nicole Ermel (IU Internationale Hochschule / Professur für Soziale Arbeit) hielt einen Vortrag mit dem Titel „Future Skills – welche Kompetenzen und Ressourcen brauchen Schulsozialarbeiter*innen heute und in Zukunft?“. Sie hebt hervor, dass technologische Kompetenzen den Trägern zugeordnet sind und eine enge Zusammenarbeit auf Landesebene erforderlich ist, um technologische Konzepte zu entwickeln. Sie betont die Notwendigkeit von Technologiespezialist:innen und einer partizipativen Entwicklung durch fachübergreifende Teams, die regelmäßig die Bedürfnisse und Erfahrungen der Fachkräfte in die technologische Entwicklung einfließen lassen. Als digitale Schlüsselkompetenzen zeigt sie auf, inwiefern Fachkräfte von digitalen Ressourcen am Arbeitsplatz abhängen, und empfiehlt eine bedarfsorientierte Weiterbildung. Als klassische Kompetenzen hebt sie das vielfältige Handlungsspektrum der Schulsozialarbeit hervor, das durch Lösungsorientierung, Kreativität, Eigeninitiative, interkulturelle Kommunikation und Resilienz geprägt ist. Abschließend ruft sie dazu auf, die Digitalität als zentrales Thema anzugehen, um den aktuellen Herausforderungen und der fortschreitenden Digitalisierung proaktiv zu begegnen.

Am Nachmittag gab es ein großes Workshop-Angebot zu aktuellen Themen, wie Schutzkonzepte, Handlungsansätze für die Einzelfallhilfe mit psychisch auffälligen jungen Menschen, stark und sicher Auftreten sowie Umgang mit knappen Ressourcen in der Schulsozialarbeit.

Prof. Dr. Julia Gebrande (Hochschule Esslingen / Professur für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen) präsentierte einen Vortrag über Traumatisierungen von jungen Menschen und die Handlungsmöglichkeiten der Schulsozialarbeit. Ihre konkreten Aussagen konzentrierten sich auf die Untersuchung der Schule als möglichen Tatort, Schutzort und Bildungsort im Kontext sexueller Gewalt. Angesichts der Vielzahl von sexuellen Missbrauchsfällen betonte sie die Bedeutung gleichwertiger Schutzkonzepte für Prävention, Intervention und Aufarbeitung. Der Vortrag behandelte auch die spezifischen Herausforderungen von traumatisierten Kindern und die wellenförmige Aufarbeitung. Konkrete Handlungsempfehlungen wurden gegeben, einschließlich der Notwendigkeit von Stabilisierung, Schutz und Stärkung des Selbst-Bewusstseins. Sie forderte: „Wir müssen die Betroffenen ins Zentrum der Aufarbeitung stellen, wir müssen mit ihnen in einen Dialog kommen.“ In ihrem Fazit unterstrich Gebrande die Dringlichkeit, sexuelle Gewalt nicht länger zu tabuisieren, eine Sensibilisierung und Professionalisierung der Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter und Lehrkräfte zu fördern sowie verpflichtende und gelebte Schutzkonzepte an Schulen zu etablieren. Sie betonte auch die politische Dimension in der Aufarbeitung und appellierte an Schulleitungen zur Entwicklung von Schutzkonzepten.

Zur Einführung des letzten Programmpunkts „offener Erfahrungs- und Ideen-Booster“ wurden die Teilnehmenden herausgefordert, in unter sieben Minuten den höchsten Duplo-Kartoffel-Turm zu errichten. Der Turm stand symbolisch für die Vernetzung von Erfahrungen und Impulsen. Der Ideen-Booster ermöglicht den Austausch über Fragen, Themen, Erfahrungen und Ideen in Interessengruppen, deren Ergebnisse auf dem online bereitgestellten Ideen-Booster-Board dokumentiert werden. Zu den Austauschthemen gehörten unter anderem Elternabend mit Beteiligung von Jugendlichen, Präventionsprojekt sexualisierter Gewalt, Selbstwert und Selbstwirksamkeit fördern sowie die App-Vorstellung „Between the lines“.

Insgesamt bot die Jahrestagung der Schulsozialarbeit eine vielfältige und erkenntnisreiche Plattform für den Austausch über zentrale Themen und Herausforderungen. Die präsentierten Vorträge und Workshops lieferten wertvolle Impulse für die tägliche Arbeit der Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden eine solide Grundlage für zukünftige Strategien und Handlungsansätze im Sinne einer effektiven und nachhaltigen Schulsozialarbeit.

Die nächsten Jahrestagungen der Schulsozialarbeit finden vom 11. bis 12. bzw. 25. bis 26. November 2024 im Tagungszentrum der Evangelischen Akademie in Bad Boll statt.